Fach-Interviews mit der Presse

In dieser Rubrik werden regelmäßig Interviews mit dem Präsidenten Stefan Zierke und dem Geschäftsführer des BVCD, Prof. Dr. Frank Schaal, dargestellt. 

Campingwirtschaft Heute 4/2024

Das folgende Interview mit Geschäftsführer Prof. Dr. Frank Schaal wurde in der Zeitschrift Campingwirtschaft Heute, Ausgabe Juli/August 2024 veröffentlicht. Das Interview führte Karin Werner.

Wind of Change 

Im Gespräch mit Prof. Dr. Frank Schaal

Seit Februar ist Prof. Dr. Frank Schaal neuer Geschäftsführer der BVCD Service GmbH mit Sitz in Berlin. Wir haben bei ihm nachgefragt, wie die letzten Monate der Einarbeitung für ihn waren, welche Themen beim Campingverband derzeit oben auf der Agenda stehen und welche Entwicklung er in der Campingbranche sieht.

CWH: Ihre To-do-Liste ist sicherlich gut gefüllt.
FS: Sie ist in der Tat sehr umfangreich, was von sehr vielen Faktoren abhängt. Wir sind gerade dabei, für die Betreuung unserer Mitglieder und für das Finanzwesen unsere internen Digitalisierungsprozesse auf neue Betriebssoftware umzustellen. Diese interne Organisation bindet recht viel Leistung, auch die Tatsache, dass wir einen großen Personalwechsel haben. Jede Einarbeitungsphase braucht Zeit und jeder Mitarbeiter, der ausscheidet, hinterlässt eine große Wissenslücke, die man nicht 1:1 kompensieren kann. Christian Günther hat mich aber sehr gut eingearbeitet, sodass ich den größten Teil der Prozesse, die wir zu bewerkstelligen haben, beherrsche. Nichtsdestotrotz haben wir die Situation, dass wir ein kleiner Verband sind, der sehr umfangreiche Aufgaben hat. Es stehen sehr viele große und auch kleine Anforderungen vor der Tür, die bearbeitet werden müssen. Diese alle unter einen Hut zu bringen, ist eine Herausforderung, die ich aber sehr gerne annehme. Sagen wir mal so, wenn ich abends nach Hause komme, weiß ich, was ich getan habe. (lacht) Wenn wir ein paar Monate weiter sind, werden wir sicher wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen.

CWH: Fühlen Sie sich als erfahrener Touristiker auch im Change-Management* zu Hause?
FS: Ich sehe meine Aufgabe auch im Change-Management, denn der Wandel unserer Zeit ist beständig und wer sich nicht wandelt, sondern stehen bleibt, wird sich langfristig vom Markt verabschieden müssen. Die Welt ist, auch durch die Digitalisierung, immer schneller geworden. Man kann sich nicht mehr auf den Standpunkt stellen, dass doch immer alles gut geklappt hat – das ist eine Attitüde, die nicht mehr funktioniert. Daher müssen wir uns als Campingbranche immer wieder neu erfinden und auch in unserem Selbstbild anders denken. Camping ist heute ein Thema des Lifestyles geworden und kein Billigtourismus mehr. Im Gegenteil, wir haben überwiegend eine hohe Qualität in unseren einzelnen Segmenten zu bieten und werden zudem sehr stark von jungen Leuten nachgefragt. Es gibt soziologische Untersuchungen, woraus hervorgeht, dass die Campinggäste jünger sind als der Durchschnitt der allgemeinen Gäste. Das heißt natürlich, dass diese Menschen andere Ansprüche haben, beispielsweise an Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Wir als Branche müssen diesen Ansprüchen nachkommen. Ich predige immer an die Branche: „Bitte bewertet euch nicht aus eurer Sicht, sondern aus der Sicht des Gastes. Der Gast ist der Einzige, der uns allen unseren Lebensstil finanziert und möglich macht. Er bezahlt uns.“ Auch ich bin ja mittelbar von den campenden Gästen abhängig, beziehe auch letztendlich von ihnen mein Gehalt. Wir haben dem Gast zu dienen, das ist unsere Möglichkeit, Einkommen zu erzielen. Deshalb ist gastorientiertes Handeln für mich das A und O. Dafür muss man ein gewisses Denken mitbringen und dieses auch immer wieder weiterentwickeln, denn der Gast von heute ist ein anderer Gast als der von morgen.

CWH: ... Und der von gestern.
FS: Den gestrigen Gast gibt es kaum mehr. Das wird auch deutlich, wenn wir die Veränderungen im Dauercampingbereich sehen. Campingplätze sind Wirtschaftsunternehmen, die Geld verdienen wollen. Sie wollen ihre Erträge erhöhen, um damit für sich selbst die Möglichkeiten zu schaffen, wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Ein touristischer Gast bringt im Verhältnis zu einem Dauergast  mehr Ertrag. Viele Campingplätze wollen daher ihre Dauerstellplätze reduzieren. Ich würde allerdings niemandem raten, alle seine Dauercamper vor die Tür zu setzen, denn der Mix muss für die Unternehmen passen. Wenn ein Campingunternehmer für sich definiert, den Anteil der Dauercamper zu reduzieren, tut das den Dauercampern sicher weh. Dennoch ist das seitens eines Unternehmens vollkommen legitim. Ein Autoverkäufer orientiert sich ja auch an seinen Kunden, die die meisten Erträge bringen. Camping ist ebenso wenig ein soziales Unternehmen und so muss sich das Kundeninteresse mit den Ertragszahlen in eine gute Relation bringen lassen.

CWH: Wird sich auch der Dauercampergast in Zukunft wandeln?
FS: Ja natürlich! So wie die touristischen Camper wünscht auch die neue Dauercampergeneration eine gute Qualität und wird künftig andere Ansprüche haben als der bisherige Dauercamper. Wir reden heute bereits von Dauercamping 2.0. Platzbetreiber, die die Dauercamper der Zukunft im Blick haben, investieren immer mehr in Tiny Houses und Mobil Homes, auch um die Optik ihrer Plätze besser bestimmen zu können. Wohnwagen mit Vorzelt, teilweise nicht genehmigten Anbauten und Gartenzwergkolonien werden nicht mehr zu den Lifestylethemen junger nachkommender Unternehmer zählen.

CWH: Kurzer Themenwechsel: Erst vor wenigen Wochen hat Starkregen Süddeutschland schwer getroffen – auch einige Campingplätze. Wünschen Sie sich ein gutes Krisenmanagement für Campingplätze?
FS: Unbedingt! Denn Überflutungen werden in Zukunft eine größere Herausforderung werden und sind natürlich auch ein großes Thema, unter dem viele Plätze leiden und leiden werden. Mit  Extremwetterlagen werden wir uns weltweit immer mehr auseinandersetzen müssen. Auch Katastrophenszenarien auf Campingplätzen werden zunehmen und darauf müssen wir vorbereitet sein und uns keiner Illusion hingeben. Viele attraktive Campingplätze liegen in Gewässerlagen und müssen so aufgestellt werden, dass sie im Notfall sehr schnell handeln können. Auch wenn es immer wieder Dürrejahre geben wird, Starkregenszenarien werden zunehmen. Da diese zur existenziellen Bedrohung für Platzbetreiber werden können, müssen wir schnell gute Lösungen finden. Es braucht einen Krisenplan und ein gutes Krisenmanagement, in welchem steht, was zu tun ist, um im Ernstfall nicht wie ein Hühnerhaufen durcheinanderzurennen und keiner weiß, wo er zuerst anfangen soll. Daher sehe ich das Krisenmanagement für Campingplätze als ein großes Thema, Campingplatzbetreiber müssen hier sehr schnell fit werden.

CWH: Es gibt eine neue Website des BVCD?
FS: Ja, das ist richtig. Unsere alte konnte technisch nicht modernisiert werden. Wir arbeiten künftig mit einem guten Content-Management-System, mit dem ich bereits beste Erfahrungen gemacht habe. Ich habe für unsere neue Website die Grundstruktur angelegt, dann wurde sie bei uns inhouse programmiert. Dadurch waren wir kostengünstig unterwegs. Sie wissen selber, wie viele Rubel hätten rollen müssen, hätten wir eine Agentur damit beauftragt. Die neue Website geht in Kürze online: bvcd.org.** • (KW) 

* Change-Management ist die Umsetzung ausgewählter Maßnahmen, um Abteilungen oder die gesamte Organisation tiefgreifend zu verändern und von einem Ausgangszustand zu einem definierten Zielzustand zu bewegen. 

** Bei Redaktionsschluss befand sich die Website noch im letzten Schritt der Aufbauphase. 

Campingwirtschaft Heute

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