Camping und Nachhaltigkeit - eine gute Kombination
Von Milena Meißner und Prof. Dr. Frank Schaal
Wie sich die Campingbranche energisch dem Klimawandel stellt
Kurzfassung
Camping wird oft als besonders nachhaltige Urlaubsform betrachtet, doch welche konkreten Umweltauswirkungen hat sie? Diese Frage bildet den Ausgangspunkt für unseren wissenschaftlichen Bericht. Durch eine Analyse verschiedener Studien und Datenquellen zeigen wir auf, warum Camping eine umweltfreundliche Alternative zu anderen Urlaubsformen darstellt. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf dem Energieverbrauch und den CO₂-Emissionen im Campingsektor.
Die Daten ergaben, dass die An- und Abreise zu einem Reiseziel oft den größten Teil der Umweltbelastung einer Reise ausmacht. Bei einem 14-tägigen Campingurlaub in einer Entfernung von ca. 800km entsprechen die CO₂-Emissionen der Fahrt dem Dreifachen derer des Aufenthalts. Campingurlaube in der Nähe des Wohnortes reduzieren die Belastung somit erheblich. Zudem verglich dieselbe Studie die CO₂-Bilanz verschiedener Übernachtungsmöglichkeiten und Verkehrsmittel und stellte fest, dass Campingplätze im Vergleich zu Hotels einen geringeren ökologischen Fußabdruck pro Übernachtung haben.
Ein Best-Practice-Beispiel für Nachhaltigkeitsmaßnahmen in der Campingbranche ist das Ecocamping-Programm, das Campingplätze für ihre Bemühungen um Umweltschutz und Energieeffizienz auszeichnet. Durch Maßnahmen wie die Nutzung erneuerbarer Energien und die Reduzierung des Energieverbrauchs leisten diese Campingplätze einen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Der Verein entwickelt außerdem eine einheitliche ClimaCamp-Zertifizierung, die es umweltbewussten Reisenden ermöglichen soll, klimafreundliche Plätze schneller zu identifizieren.
Ein weiteres Projekt mit Beteiligung des BVCD ist „Emissionsfrei campen: Der regenerativ versorgte Campingplatz“, gefördert im Rahmen des LIFT-Fonds für eine Transformation der Tourismusbranche im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der UN. Gemeinsam mit der FH Westküste wird dort das wissenschaftliche Grundgerüst für die Energiewende in der Campingwirtschaft gelegt.
Insgesamt zeigt unsere Studie, dass Camping eine umweltfreundliche Urlaubsform ist, die dazu beitragen kann, die EU-Klimaziele zu erreichen und die Umwelt zu schützen.
Langfassung
Einführung
In einer Welt, die zunehmend die Auswirkungen des Klimawandels spürt, wird der Ruf nach nachhaltigen Lösungen immer lauter. Campingplätze, die oft als Rückzugsorte in die Natur dienen, sind keine Ausnahme. Um dieser Funktion langfristig gerecht zu werden, sind auch sie dabei, ihre Betriebsweise angesichts der globalen Umweltkrise zu überdenken. Dabei gilt es abzuwägen, denn eine Studie von booking.com zeigt, dass 59% der Befragten nachhaltigeres Reisen zwar für wichtig halten, es aber nicht als Hauptkriterium bei der Reiseplanung sehen.
Dieser Bericht zeigt auf, wie verschiedene Akteure der Campingbranche Deutschlands zusammenarbeiten und vielfältige und innovative Strategien und Technologien einsetzen, um sowohl dem Klimawandel entgegenzutreten als auch den anderen Wünschen der Reisenden nachzukommen und ein komfortables, nachhaltiges Reiseerlebnis zu ermöglichen.
Einleitung
Camping wird oft als besonders nachhaltige Urlaubsform betrachtet, da es den Kontakt zur Natur fördert und oft mit einem minimalistischen Lebensstil einhergeht. Doch welche konkreten Umweltauswirkungen hat Camping? In unserem wissenschaftlichen Bericht untersuchen wir diese Frage genauer und beleuchten die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit im Campingsektor.
Eine Studie von booking.com mit mehr als 31.000 befragten Reisenden ergab, dass mehr als ein Viertel der Meinung ist, dass ihre Buchungsentscheidungen nichts an entstandenen Umweltschäden ändern könnten. Ebenso viele meinen, der Klimawandel sei weniger schwerwiegend als er dargestellt wird. [1] Das sind erschreckende Ergebnisse, wenn man den wissenschaftlichen Konsens im Bereich der Umweltforschung berücksichtigt. Die erste Frage, die im Zuge dieses Berichtes beantwortet werden soll, ist deshalb eine Frage der Motivation,
Wieso darf die Campingwirtschaft eine geringe Nachfrage und Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Produkte nicht als Grund sehen, diese nicht anzubieten?
Um Wert- und Moralvorstellungen außenvorzulassen, soll zur Erklärung das weitverbreitete Konzept der Ökosystemleistungen herangezogen werden. Sie stehen für den Nutzen, den der Mensch aus der Natur zieht. Die Natur wird dabei unterteilt in Ökosysteme, also räumliche und systemische Einheiten, wie ein Wald, eine Wiese oder ein See, mit all seinen Bewohnern. Der Nutzen, den wir daraus ziehen können, wird ebenfalls in Kategorien unterteilt. Neben Basisleistungen, wie der Nährstoffkreislauf und Bodenbildung, Versorgungsleistungen, wie Nahrung und Brennstoffe und Regulierungsleistungen wie Frischluft und Klimaregulierung liefert die Natur auch kulturelle Leistungen. Diese Kulturellen Leistungen, die wir von der Natur erhalten, umfassen Ästhetik, Spiritualität, Bildung, Erholung, Freizeitwert. Das sind die Dienstleistungen der Natur, von der der Tourismus lebt. Und damit ist auch die Tourismusbranche und die Campingwirtschaft, auch in ihrem eigenen Interesse verantwortlich, diese Dienstleistungen zu erhalten.
Das Potenzial der Natur, auf kontinuierliche und nachhaltige Weise zur guten Lebensqualität der Menschen beizutragen, ist bei allen, vom IPBES[2] untersuchten kulturellen Ökosystemleistungen gesunken [3]. Es besteht Handlungsbedarf.
Umweltbewusstsein und Reiseverhalten
Studien zeigen, dass das Umweltbewusstsein von Reisenden zunimmt, aber nur wenige ihre Reiseentscheidungen tatsächlich davon beeinflussen lassen. Dennoch sind viele Reisende bereit, mehr für eine nachhaltige Reise zu bezahlen, und Regierungen sowie Reisedienstleister werden zunehmend aufgefordert, Maßnahmen zum Umweltschutz zu ergreifen[4]. Der BVCD als Dachverband, die Landesverbände, deutsche Campingplätze und Initiativen nehmen sich dieser Herausforderung an und leisten ihren Beitrag um Reisenden nachhaltigen Urlaub ohne schlechtes Gewissen zu ermöglichen und damit auch ihre eigene Zukunft zu sichern.
Nachhaltigkeit im Tourismus
Nachhaltigkeit ist schon seit Jahrzehnten ein zentrales Thema, auch politisch. 2015 veröffentlichten die Vereinten Nationen 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, welche global gelten und Teil der Agenda 2030 sind, die so genannten Sustainable Development Goals (SDGs)[5].
Grundsätzlich beschreibt Nachhaltigkeit, gegenwärtige Bedürfnisse so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden. Dabei werden drei Dimensionen verschmolzen, soziale Gerechtigkeit, Wirtschaftlichkeit und ökologische Tragfähigkeit[6]. Dem entsprechend definiert, die Tourismusorganisation der Vereinten Nationen Anforderungen an nachhaltigen Tourismus:
· Optimale Nutzung von Umweltressourcen und Bewahren von essenziellen Ökologischen Prozessen, Natürlichen Ressourcen und Biodiversität
· Respekt der Soziokulturellen Eigenschaften von Gastgeber-Kommunen
· tragfähiger, langfristiger wirtschaftlicher Betrieb, von dem alle Betroffenen fair profitieren, inklusive stabilen Arbeitsplätzen, um Armut zu verringern [7].
Wir betrachten zunächst die ökologischen Auswirkungen von Campingtourismus anhand des Ökologischen Fußabdrucks einer Campingreise, gemessen als CO₂-Äquivalente[8] pro Urlaubs-Übernachtung. Anschließend werden Initiativen in der Campingbranche vorgestellt, die sich für Nachhaltigkeit einsetzen. Ein weiterer Abschnitt stellt diese auch in das Licht sozialer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit, um abschließend Schlussworte zu finden und auf weitere Potenziale hinzuweisen.
Umweltauswirkungen des Reiseverkehrs
Die An- und Abreise macht oft den größten Teil der Umweltbelastung einer Reise aus. Durch Campingurlaube in der Nähe des Wohnortes kann diese Belastung reduziert werden. Eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung verglich die CO₂-Bilanz verschiedener Übernachtungsmöglichkeiten und Verkehrsmittel und stellte fest, dass Übernachtungen auf Campingplätzen im Vergleich zu Hotels einen geringeren ökologischen Fußabdruck haben [9].
Die Studie vergleicht Campingplätze mit und ohne Reisemobil und Hotels. Urlaub im Zelt ist die nachhaltigste Reiseform im ökologischen Sinne. Es ist leicht und die Herstellung und Entsorgung ist deutlich umweltfreundlicher als die Bereitstellung von Caravans und Hotelgebäuden. Weder Strom- noch Wärmeverbrauch wird dem Zelten in der Wildnis zugeschrieben und auch auf dem Campingplatz sind die Emissionen gering.
Über drei Viertel der Campingreisen finden allerdings mit dem Wohnmobil, Wohnwagen oder Kastenwagen statt [10]. Die Übernachtung in Reisemobilen jeglicher Art auf Campingplätzen liegt auf Platz zwei im Nachhaltigkeitsranking der drei verglichenen Übernachtungsmöglichkeiten, direkt hinter Zelten. Die Treibhausgas-Emissionen für eine Übernachtung im Reisemobil auf einem Deutschen Campingplatz liegt bei knapp einem Drittel der Emissionen für eine Übernachtung im Hotel [11][12]. Dabei sind sowohl die energetischen Vorketten als auch die Heiz- und Stromverbräuche des Reisemobils eingerechnet.
Die Emissionsdaten für Übernachtungen dürfen allerdings nicht ohne Kontext betrachtet werden. Unterteilt man eine Reise in An- und Abreise, Vor-Ort-Mobilität und Übernachtung wird deutlich, dass An- und Abreise besonders stark ins Gewicht fallen. Als Rechenbeispiel nutzt die Studie eine 14-tägige Rügen-Reise von Frankfurt aus. Das sind 1568km Fahrtweg insgesamt. Mit Campingmobil und Übernachtung auf dem Campingplatz berechnet das Ifeu, macht die Fahrt drei Viertel der insgesamt ausgestoßenen Treibhausgase aus, ca. 600 kg CO₂ Äquivalente [13]. Eine An- und Abreise mit dem PKW, wie sie beim Hotelurlaub überwiegt, liegt bei ca. 400kg CO₂e. Wer ÖPNV nutzt, stößt nur circa 100kg THG aus. Gerade beim Campen schlagen die Fahrtwege also voll ins Gewicht, wie auch in Abbildung 1 zu sehen.
| Abbildung 1: CO₂-Fußabdruck einer zweiwöchigen Rügenreise, Hotel und Camping im Vergleich (eigene Darstellung basierend auf ifeu 2020)
Bei Auslandsreisen sieht die Rechnung anders aus. Ein emissionsärmerer Energiemix in Frankreich und Skandinavien wirkt sich positiv auf die Klimabilanz von Hotels aus, sodass die Emissionen von 21 Tagen Südfrankreich von beiden Urlaubsformen: Camper und Campingplatz und PKW und Hotel in etwa gleich auf sind, mit rund 1000kg CO₂e [14].
Campingreisen sind dann die nachhaltigsten, wenn sie als entschleunigte Reisen verstanden werden. Wenig Strecke und lange Aufenthalte sind die Devise. Und eine weitere Möglichkeit, um den Emissionsschnitt zu senken: die Auslastung erhöhen. Fahren die Reisemobile mit vier anstatt zwei Personen werden auch die CO₂e-Emissionen quasi halbiert. Eine Tonne CO₂-Äquivalente jährlich pro Kopf empfiehlt das Umweltbundesamt als Maximum[15].
Best-Practice-Beispiel:
Ecocamping e.V.– Zertifizierung und Beratung
Das Ecocamping-Programm zeichnet Campingplätze für ihre Bemühungen um Umweltschutz und Energieeffizienz aus. Viele Reisende wünschen sich einheitliche Zertifizierungsstandards, um nachhaltige Reisemöglichkeiten bei der Buchung erkennen zu können [16].
Der Ecocamping e.V. hat sich das zum Ziel gesetzt. Seit 20 Jahren zeichnet der Verein Campingplätze für ihre Bemühungen im Umweltschutz aus. Das „ECOCAMPING Umweltmanagement Zertifikat“ erhalten Betriebe, die ihre Verbrauchszahlen erfassen und einen Maßnahmenplan entwerfen. Außerdem ist die Bearbeitung eines Kriterienkatalogs notwendig. Die Kriterien sind nicht öffentlich zugänglich. Der Verein bietet auch an, die Campingplätze bei jedem Schritt zu beraten[17].
Eine weitere Zertifizierung mit Fokus auf Klimaschutz ist außerdem in Arbeit. „ClimaCamps“ nennt sie der Verein. Im Vordergrund steht dabei nicht die Kompensation von Emissionen sondern deren Reduktion vor Ort auf dem Campingplatz, nach der Strategie „Vermeiden und Reduzieren geht vor Kompensieren“. Betrachtet werden Gebäude, Energieträger, Energieeffizienz, Klimaschutz als Serviceangebot, Unternehmensphilosophie und letztendlich die Kompensation. Der Verein begleitet und berät die Betreiber*innen auch auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit, so geschehen 2022, als in einem Pilotprojekt 20 Campingplätze in Niedersachsen Treibhausgas-bilanziert wurden. Der Mittelwert des CO₂e-Fußabdrucks der Teilnehmer liegt bei 1,74 kg pro Übernachtung. Dieser Wert ist nur halb so hoch wie bisher branchenweit angenommen. Die Betriebe senkten im Rahmen des Projektes ihre CO₂-Emissionen um durchschnittlich 10% [18].
Zertifizierung: ClimaCamps
Die Daten aus diesem Projekt geben einen Überblick über aktuelle Verbrauchswerte und Standards in der Branche und sollen verwendet werden, um die Anforderungen an eine künftige Zertifizierung bestmöglich an die betrieblichen Gegebenheiten anzupassen. Einen Einfluss hat zum Beispiel die Größe des Platzes, angeschlossene Gaststätten oder Schwimmbäder. Das Climacamp-Zertifikat soll dann in drei Stufen vergeben werden. „Klimabewusst“ ist die 1. Stufe der Auszeichnung, Sie beinhaltet die Bilanzierung, das Aufstellen eines Maßnahmenplans und erste Kompensationen. Stufe Zwei, „Klimaaktiv“ setzt zusätzlich voraus, dass mindestens 25% regenerative Energien für die eigene Wärmeproduktion genutzt werden. Und die beste Zertifizierung „klimapositiv“ wird verliehen an Campingplätze ohne CO₂ Emissionen.
Das Projekt soll zum Jahr 2025 bundesweit auf 100 künftige „ClimaCamps“ ausgerollt werden. So wird eine ausreichende Datenlage erhoben und Aufmerksamkeit erregt. In Zusammenarbeit mit dem BVCD wurde Anfang 2024 ein Förderantrag eingereicht.
Best-Practice-Beispiel: Forschungsprojekt “Emissionsfrei campen: Der regenerativ versorgte Campingplatz“
Während Campingplätze und Initiativen wie Ecocamping ihren praktischen Beitrag leisten, arbeitet der Bundesverband an den wissenschaftlichen und rechtlichen Grundlagen. Ein aktuelles Thema ist Stromproduktion auf Campingplätzen.
Viele Campingreisende haben Solarzellen verbaut, die Strom produzieren. Zusätzlich besitzen über 300 deutsche Campingplätze eigene Photovoltaik-Systeme [19]. Die Stromproduktion übersteigt in vielen Fällen somit den Verbrauch und ist genehmigungspflichtig. Seit Mitte Mai 2024 gilt eine Obergrenze von 800 Watt, die in das öffentliche Netz eingespeist werden dürfen [20]. Da wird der Campingplatzbetreiber rechtlich schnell zum Netzbetreiber und sieht sich unverhältnismäßigen bürokratischen Auflagen und Schwierigkeiten gegenüber. Ihm drohen außerdem hohe Bußgelder [21]. Gleichzeitig wird sich mit Blick auf das Verbrenner-Verbot im Jahr 2035 die Anzahl an Elektro-Fahrzeugen drastisch erhöhen. Ladeinfrastrukturen sind notwendig und bereits jetzt Buchungskriterium. Der gesamte elektrische Leistungsbedarf steigt.
Der BVCD setzt auf wissenschaftlich fundierte Lösungen für diese zukunftsweisende Herausforderung. Im Forschungsprojekt „Emissionsfrei campen: Der regenerativ versorgte Campingplatz“, das im Juli 2024 startet, versucht der Verband gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Tourismusforschung der FH Westküste die zusätzliche Energie in das zu verwandeln, was sie eigentlich ist: Potenzial – nicht nur physikalisch sondern auch hinsichtlich der Energie-Infrastruktur auf Campingplätzen. Stromspeichermöglichkeiten und ein smartes Lastenmanagement sollen die überschüssige Produktion und den erhöhten Bedarf zusammenführen. Konkrete Maßnahmen in den Bereichen Energieerzeugung, -speicherung und -verbrauch zur regenerativen, weitestgehend emissionsfreien Aufstellung der Energiesysteme von Campingplätzen sollen erarbeitet und anhand von Fallstudien konzeptionell erprobt werden. Die konkrete technische Umsetzung im Rahmen der gegebenen rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen steht laut Projektantrag im Vordergrund.
Das Projekt leistet einen hohen Beitrag zur ökologischen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit. Eine energetische Kreislaufwirtschaft mithilfe einer dezentralen regenerativen Stromversorgung ist zukunftsweisend und ressourcenschonend. Positive Auswirkungen für das Klima und für den Erhalt der Biodiversität sind zu erwarten.
Wirtschaftliche & sozial gerechte Nachhaltigkeit
Der Fokus dieses Beitrags auf die ökologische Dimension von Nachhaltigkeit soll den anderen Dimensionen nicht weniger Relevanz zuschreiben. Nachhaltig wirtschaften und zusammenleben bedeutet auch; eine gerechte Verteilung des Nutzens und der Belastung aus Tourismus. Dazu ist es notwendig betriebliche Monokulturen zu vermeiden und kleine und mittlere Betriebe zu fördern. Die Campingwirtschaft als wachsender Markt bietet diese Möglichkeiten. Es ist wichtig nachhaltiges Wachstum der Branche in die Breite zu ermöglichen, an dessen Vorteilen, möglichst viele Einheimische teilhaben, ganz im Sinne der UNWTO: Ein tragfähiger, langfristiger wirtschaftlicher Betrieb, von dem alle Betroffenen fair profitieren, inklusive stabilen Arbeitsplätzen, um Armut zu verringern. [22]
Potenzialanalyse
Weiteres Potenzial liegt darin, eine gemeinsame Nachhaltigkeitsstrategie für die Campingbranche zu entwickeln und Ziele zu formulieren, die Erfolge messbar und vernachlässigte Handlungsfelder sichtbar machen. Eine Zusammenarbeit mit Destinationsmanager*innen und Naturschutzverbänden erhöht die Wirksamkeit der Maßnahmen und es kann sich an bestehende Strategien angeschlossen werden [23].
Teil des Umweltkonzeptes sollte ein umfassender aktueller Betriebsvergleich sein, um aktuelle Daten zu sammeln und einen fundierten gemeinsamen Wissensstand zu entwickelt, sodass branchenweite Maßnahmen entwickelt werden können. Das geplante ClimaCamps-Projekt könnte eine repräsentative Grundlage bieten. Die Ist-Analyse sollte insbesondere Kennzahlen/Indikatoren hinsichtlich der wichtigsten Treiber für Biodiversitätsverlust und Klimawandel und damit den Verlust von Ökosystemleistungen enthalten; Landnutzung (z.B. Versiegelungsfläche), Direkte Ausbeute (z.B. Energiebezugsquellen, Wasserverbrauch), Klimawandel (Treibhausgasemissionen), Verschmutzung (Abfallproduktion) [24]. Neben den Klimaauswirkungen könnten so auch andere Umweltaspekte sichtbar gemacht werden.
Insbesondere eine Aufnahme der Nachhaltigen Tourismusziele in die BVCD-Vereinssatzung wäre ein Zeichen für die gemeinsamen Werte und Ziele der Campingwirtschaft. Im Zuge dessen sollte die Kommunikation und Marketingwirkung von Nachhaltigkeit im Camping mitgedacht werden. Eine Positionierung der Deutschen Campingbranche als nachhaltig und zukunftsorientiert ist nicht nur realistisch, sondern im Sinne der naturverbundenen Camper auch authentisch.
Fazit
Durch Initiativen wie Ecocamping können Campingplätze ihre Verbindung zur Natur stärken und gleichzeitig wirtschaftlich profitieren. Untersuchungen zur CO₂-Bilanz von Campingreisen zeigen die Vorteile des Campings für die Umwelt. Projekte wie "Emissionsfrei campen" demonstrieren, wie technologische Innovationen und smarte Energielösungen die Branche nachhaltig transformieren können.
Es besteht Handlungsbedarf, aber auch viel Potenzial. Eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie, unterstützt durch aktuelle Daten, ist notwendig. Die Ausweitung des ClimaCamps-Projekts und die Aufnahme der Nachhaltigkeitsziele in die BVCD-Vereinssatzung sind wichtige Schritte. Eine gerechte Verteilung der positiven Effekte von Tourismus und stabile Arbeitsplätze sind essenziell.
Die Campingbranche kann durch gezielte Maßnahmen, wissenschaftliche Unterstützung und innovative Projekte zur Bewältigung der Umweltkrise beitragen und ihre Zukunft sichern. Eine Positionierung als nachhaltige und zukunftsorientierte Branche ist möglich und notwendig, um die natürlichen Grundlagen des Campingtourismus zu bewahren und den Erwartungen der Reisenden gerecht zu werden.
Fußnoten
[1] Krieger, „Aktuelle Umfrage von Booking.com enthüllt Potenzial für nachhaltiges Reisen trotz Herausforderungen“.
[2] IPBES = Internationaler Biodiversitätsrat
[3] UFZ, „IPBES Factsheet, Das ‚Globale Assessment‘ des Weltbiodiversitätsrates IPBES, Auszüge aus dem “Summary for policy makers”“.
[4] Krieger, „Aktuelle Umfrage von Booking.com enthüllt Potenzial für nachhaltiges Reisen trotz Herausforderungen“.
[5] United Nations, „THE 17 GOALS“.
[6] BMZ, „Nachhaltigkeit (nachhaltige Entwicklung)“.
[7] UN Tourism, „ESG Framework for tourism businesses“.
[8] Entspricht den unterschiedlichen Treibhausgasen (z.B. Methan) umgerechnet in CO₂
[9] ifeu, „Klimabilanz von Reisen mit Reisemobilen und Caravans - Vergleich von typischen Campingreisen mit weiteren Verkehrsmittel- und Übernachtungsmöglichkeiten“.
[10] DI Tourismusforschung 2023
[11] Vgl. Ifeu 2020, S. 38
[12] Dr. Gunter Riechay und Dr. Jürgen Brüggemann, „Betriebsvergleich für Campingplätze in Deutschland“.
[13] Ifeu 2020, S. 38
[14] Ifeu 2020, S.40
[15] Umweltbundesamt, „Wie hoch sind die Treibhausgasemissionen pro Person in Deutschland durchschnittlich?“
[16] Krieger, „Aktuelle Umfrage von Booking.com enthüllt Potenzial für nachhaltiges Reisen trotz Herausforderungen“.
[17] Ecocamping e.V., „Ecocamping-Umweltmanagement Zertifizierung“.
[18] Abschlussbericht Klimacamps 2023, Projektantrag 2024 & Leitfaden „Klimafreundlicher Campingplatz“
[19] ADAC, „Der PiNCAMP Camping- kompass 2019“.
[20] André Gieße, „Jetzt bis 800 Watt Leistung erlaubt: 2024 ein Balkonkraftwerk kaufen?“
[21] Florian Steiner, „Photovoltaik auf dem Campingplatz: Die Zukunft ganz ohne Risiko?“
[22] UN Tourism, „ESG Framework for tourism businesses“.
[23] Martin Balaš und Prof. Dr. Hartmut Rein, „Nachhaltigkeit im Deutschlandtourismus Anforderungen l Empfehlungen l Umsetzungshilfen“.
[24] UFZ, „IPBES Factsheet, Das ‚Globale Assessment‘ des Weltbiodiversitätsrates IPBES, Auszüge aus dem “Summary for policy makers”“.
Literaturverzeichnis
ADAC. „Der PiNCAMP Camping- kompass 2019“. ADAC, 2019. pincamp.de.
André Gieße. „Jetzt bis 800 Watt Leistung erlaubt: 2024 ein Balkonkraftwerk kaufen?“, 21. Mai 2024. https://www.adac.de/rund-ums-haus/energie/versorgung/balkonkraftwerk/.
BMZ. „Nachhaltigkeit (nachhaltige Entwicklung)“. Lexikon der Entwicklungspolitik, 2024. https://www.bmz.de/de/service/lexikon/.
Dr. Gunter Riechay und Dr. Jürgen Brüggemann. „Betriebsvergleich für Campingplätze in Deutschland“. Betriebsvergleich. Berlin: BVCD Bundesverband für Campingwirtschaft in Deutschland, 2009.
Ecocamping e.V. „Ecocamping-Umweltmanagement Zertifizierung“, 2024. https://ecocamping.de/eccoamping-umweltmanagement#Zertifizierung.
Florian Steiner. „Photovoltaik auf dem Campingplatz: Die Zukunft ganz ohne Risiko?“ Campingwirtschaft.de, 16. September 2023. https://www.campingwirtschaft.de/2023/09/16/photovoltaik-campingplatz-zukunft-risiko/.
ifeu. „Klimabilanz von Reisen mit Reisemobilen und Caravans - Vergleich von typischen Campingreisen mit weiteren Verkehrsmittel- und Übernachtungsmöglichkeiten“. Heidelberg: ifeu Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg, August 2020.
Krieger, Lara. „Aktuelle Umfrage von Booking.com enthüllt Potenzial für nachhaltiges Reisen trotz Herausforderungen“, 25. April 2024. https://news.booking.com/de/aktuelle-umfrage-von-bookingcom-enthuellt-potenzial-fuer-nachhaltiges-reisen-trotz-herausforderungen/.
Martin Balaš und Prof. Dr. Hartmut Rein. „Nachhaltigkeit im Deutschlandtourismus Anforderungen l Empfehlungen l Umsetzungshilfen“. Herausgegeben von DTV. Deutscher Tourismusverband e. V., 1. März 2016.
UFZ. „IPBES Factsheet, Das ‚Globale Assessment‘ des Weltbiodiversitätsrates IPBES, Auszüge aus dem “Summary for policy makers”“. IPBES, 2019.
Umweltbundesamt. „Wie hoch sind die Treibhausgasemissionen pro Person in Deutschland durchschnittlich?“ Umweltbundesamt, 6. April 2023. https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/wie-hoch-sind-die-treibhausgasemissionen-pro-person.
UN Tourism. „ESG Framework for tourism businesses“, 2024. https://www.unwto.org/tourism-statistics/environmental-social-governance-tourism.
United Nations. „THE 17 GOALS“. Department of Economic and Social Affairs Sustainable Development. Zugegriffen 24. Mai 2024. https://sdgs.un.org/goals.